Verlegung von Photovoltaik- und Wechselstromkabeln in derselben Leitungsanlage: Technische Herausforderungen, normative Vorgaben und Lösungsansätze
Dürfen PV-DC-Leitungen zusammen mit Wechselstromleitungen verlegt werden? Welche Probleme können entstehen? Welche normativen Vorgaben gibt es? Welche Lösungsansätze können getroffen werden?
Mit der zunehmenden Nachrüstung von Photovoltaikanlagen auf Gebäuden – sowohl im privaten als auch im industriellen Bereich – stellt sich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Gleichstromleitungen (DC) der PV-Systeme zusammen mit Wechselstromleitungen (AC) in derselben Leitungsanlage verlegt werden dürfen. Dieser Artikel beleuchtet die potenziellen technischen Risiken, normative Anforderungen und mögliche Maßnahmen zur sicheren Integration.
Technische Herausforderungen bei der gemeinsamen Verlegung
Die simultane Verlegung von PV-Kabeln und Wechselstromleitungen in derselben Leitungsanlage kann zu mehreren technischen Problemen führen:
- Pulsierende Ströme und elektromagnetische Felder:
Photovoltaiksysteme nutzen Wechselrichter, die pulsierende DC-Ströme erzeugen. Diese Ströme können niederfrequente elektromagnetische Felder verursachen, welche AC-Leitungen beeinflussen und zu Störungen führen können. - Schaltvorgänge und hochfrequente Störungen:
Wechselrichter erzeugen durch ihre schnellen Schaltvorgänge hochfrequente elektromagnetische Störungen. Diese können in benachbarte Leitungen einkoppeln und deren Betrieb beeinträchtigen. - Übersprechen und Spannungsstörungen:
Wechselspannungen aus AC-Leitungen können in die DC-Leitungen einkoppeln. Insbesondere Wechselrichter können dadurch in ihrer Funktion gestört werden, was dazu führen kann, dass der Maximum Power Point (MPP) der PV-Anlage nicht exakt ermittelt wird. Dies führt zu Leistungsverlusten. - Zusätzliche Erwärmung:
Durch induzierte Ströme in parallel verlaufenden Leitungen kann es zu einer unerwünschten Erwärmung kommen, die die Lebensdauer der Isolierungen verkürzt. - Isolationsprobleme:
Unterschiedliche Spannungsanforderungen können das Risiko von Durchschlägen erhöhen, insbesondere wenn die Isolation der verwendeten Kabel nicht für die höchste vorkommende Spannung ausgelegt ist.
Normative Vorgaben und Anforderungen
Die Norm DIN VDE 0100-520 („Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-52: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Kabel- und Leitungsanlagen“) behandelt unter Punkt 528.1 die Anforderungen an die Nähe von Stromkreisen mit unterschiedlichen Potenzialniveaus. Grundsätzlich ist die gemeinsame Verlegung erlaubt, wenn eine der folgenden Maßnahmen umgesetzt wird:
- Isolierung für die höchste Spannung:
Alle Kabel oder Leitungen müssen für die höchste vorkommende Spannung isoliert sein. - Mehradrige Kabel:
Jeder Leiter eines mehradrigen Kabels muss für die höchste in diesem Kabel vorkommende Spannung isoliert sein. - Getrennte Abschnitte in Installationskanälen:
Leitungen können in geschlossenen oder zu öffnenden Installationskanälen verlegt werden, sofern diese nach Betriebsspannung getrennt sind. - Trennung durch Zwischenwände:
Eine räumliche Trennung durch Zwischenwände in Kabelpritschen oder anderen Leitungsführungssystemen ist erforderlich. - Separate Installationssysteme:
Die Verwendung von getrennten Installationsrohrsystemen oder Installationskanälen stellt eine weitere Möglichkeit dar.
Kabelauswahl und technische Überlegungen
Für die Gleichstromseite von PV-Anlagen werden typischerweise Kabel des Typs H1Z2Z2-K eingesetzt. Diese sind für Spannungen von bis zu 1,5 kV DC (Leiter-Leiter-Spannung) und 1 kV AC isoliert und erfüllen somit die normativen Anforderungen zur gemeinsamen Verlegung mit Gebäudeinstallationskabeln oder Antriebskabeln.
Auch für Antriebe eingesetzte Kabel, wie beispielsweise NYY-Leitungen, können gemeinsam mit typischen Solarkabeln verlegt werden, da deren Isolierung für DC-Spannungen von bis zu 1,8 kV ausgelegt ist
Besondere Beachtung gilt jedoch Gebäudeinstallationskabeln wie NYM:
- Diese Kabel sind häufig nur für Spannungen von bis zu 700 V DC ausgelegt.
- Bei PV-Strängen mit bis zu 20 Modulen können Spannungen von 600–1.000 V auftreten, was die zulässigen Werte von NYM-Kabeln überschreiten könnte.
Für solche Fälle ist eine räumliche Trennung durch geeignete Maßnahmen (z. B. Zwischenwände oder getrennte Kanäle) notwendig.
Maßnahmen zur Vermeidung von Störungen
Die nachfolgenden Schritte sollten umgesetzt werden, um Störungen zu minimieren:
- Räumliche Trennung:
Wenn möglich, sollten DC- und AC-Leitungen physisch getrennt verlegt werden. Dies reduziert die Risiken von elektromagnetischen Störungen. - Auswahl geeigneter Kabel:
Die Isolationsspannung der Kabel sollte immer den höchsten vorkommenden Spannungen entsprechen oder diese übersteigen. - Einsatz von Zwischenwänden oder getrennten Kanälen:
In Leitungsanlagen wie Kabelpritschen oder Installationskanälen bieten Trennwände eine einfache und normgerechte Lösung.
Fazit Die gemeinsame Verlegung von PV-DC- und AC-Leitungen ist normativ möglich, erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und die Einhaltung spezifischer Anforderungen. Durch die Wahl geeigneter Kabel, die Umsetzung räumlicher Trennungen und die Beachtung normativer Vorgaben können technische Probleme vermieden und die Betriebssicherheit gewährleistet werden.