In den vorangegangenen Kapiteln haben wir die Grundlagen des Bohrschen Atommodells und der Halbleiterphysik am Beispiel von Silizium behandelt. Aufbauend darauf widmen wir uns nun der detaillierten Betrachtung von Solarzellen und Photovoltaikmodulen.

1. Grundlagen der Solarzelle

Aufbau einer Solarzelle: Schichtenstruktur

Eine typische Solarzelle besteht aus mehreren Schichten, wobei die zentrale Rolle der p-n-Übergang spielt. Dieser entsteht durch die Verbindung einer p-dotierten (mit Elektronenmangel) und einer n-dotierten (mit Elektronenüberschuss) Halbleiterschicht. An der Grenzschicht bildet sich eine Raumladungszone, die ein internes elektrisches Feld erzeugt.

Abbildung 1: Aufbau einer Solarzelle

Die Funktionsweise des photovoltaischen Effekts beruht auf der Erzeugung von Elektron-Loch-Paaren, die zur Bildung einer Raumladungszone am Dotierungsübergang führen. Dieser Mechanismus ermöglicht es, die Solarzelle durch Anlegen einer externen Spannung gezielt zu steuern. Eine detaillierte Erklärung dieser physikalischen Prinzipien wurde bereits im vorherigen Artikel „Grundlagen der Halbleiterphysik am Beispiel von Silizium“ dargelegt.

Die Effizienz einer Solarzelle wird maßgeblich durch die Absorption des einfallenden Lichts bestimmt. Dabei können nur Photonen genutzt werden, deren Energie mindestens der Bandlücke des Halbleitermaterials entspricht. Trifft ein solches Photon auf das Material, kann es ein Elektron aus dem Valenzband in das Leitungsband anheben, wodurch ein Elektron-Loch-Paar entsteht. Diese freien Ladungsträger sind essenziell für den Stromfluss innerhalb der Solarzelle.

Nutzbares Lichtspektrum

Das nutzbare Lichtspektrum hängt direkt von der Bandlückenenergie des verwendeten Halbleitermaterials ab. Silizium, das am häufigsten in Solarzellen eingesetzt wird, hat eine Bandlücke von etwa 1,1 eV. Dies entspricht nach der folgenden Formel:

einer Wellenlänge von etwa 1128 nm, sodass Silizium-Solarzellen hauptsächlich den sichtbaren Bereich sowie Teile des nahen Infrarots (bis ca. 1128 nm) effizient nutzen können.

Abbildung 2: Wellenlänge der Photonen und entsprechende Energie

  • Ultraviolette Photonen (kurzwelliger als ~400 nm) haben eine Energie, die über der Bandlücke liegt. Ihre Energie kann zwar ebenfalls Elektron-Loch-Paare erzeugen, wird aber oft in Form von Wärme dissipiert, was zu Verlusten führt.
  • Sichtbares Licht (400–700 nm) stellt den wichtigsten Bereich für die Stromerzeugung dar, da hier die Photonenenergie gut mit der Bandlücke kompatibel ist. Das Absorptionsmaximum liegt typischerweise im blauen und grünen Spektralbereich (500–600 nm), wo die Photonenenergie zwischen 2,5 eV und 2,0 eV liegt – also deutlich über der Bandlücke.
  • Infrarotes Licht (700–1128 nm) wird nur teilweise genutzt. Photonen mit einer Energie unterhalb der Bandlücke (λ>1128) können keine Elektronen-Loch-Paare erzeugen und durchdringen das Material, ohne absorbiert zu werden.

Abbildung 3: Idealisierte Darstellung der Effektivität einer Silizium-Solarzelle bei Photonen mit unterschiedlichen Wellenlängen

Rekombinationsverluste

Nicht alle erzeugten Ladungsträger tragen zur Stromerzeugung bei. Ein erheblicher Teil kann durch Rekombination verloren gehen, bevor sie zur externen Last gelangen. Es gibt verschiedene Rekombinationsmechanismen:

  1. Strahlungsrekombination (Radiative Rekombination): Das Elektron rekombiniert mit einem Loch unter Emission eines Photons.
  2. Störstellen- und Defektrekombination: Verunreinigungen oder Kristalldefekte können als Rekombinationszentren fungieren.
  3. Auger-Rekombination: Die Energie eines rekombinierenden Elektron-Loch-Paares wird auf ein anderes Elektron im Leitungsband übertragen, das daraufhin relaxiert und die Energie als Wärme abgibt.

Elektronenfluss und Erzeugung einer elektrischen Spannung

Durch die Trennung der Ladungsträger entsteht eine elektrische Spannung zwischen der p- und n-Schicht. Wird ein externer Stromkreis angeschlossen, fließen die Elektronen durch diesen zurück zur p-Seite, wodurch elektrischer Strom erzeugt wird.

2. Materialien für Solarzellen

Verwendung von Silizium: monokristallin, polykristallin, amorph

Silizium ist das am häufigsten verwendete Material in Solarzellen.

  • Monokristallines Silizium: Besteht aus einem einzigen Kristall und bietet hohe Wirkungsgrade aufgrund seiner geordneten Struktur.
  • Polykristallines Silizium: Setzt sich aus mehreren Kristallen zusammen und ist kostengünstiger, jedoch mit etwas geringerem Wirkungsgrad.
  • Amorphes Silizium: Hat keine geordnete Kristallstruktur und wird hauptsächlich in Dünnschichtzellen verwendet; es ist flexibel, aber weniger effizient.

Alternative Halbleitermaterialien: Perowskit, CIGS, CdTe

Neben Silizium werden auch andere Materialien erforscht:

  • Perowskit: Verspricht hohe Wirkungsgrade bei niedrigen Produktionskosten, befindet sich jedoch noch in der Entwicklungsphase.
  • CIGS (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid) und CdTe (Cadmiumtellurid): Werden in Dünnschichtzellen eingesetzt und bieten Vorteile wie Flexibilität und geringeren Materialverbrauch.

Wirkungsgradvergleich verschiedener Materialien

Die Wirkungsgrade variieren je nach Material und Technologie. Monokristalline Siliziumzellen erreichen Wirkungsgrade von über 20%, während polykristalline Zellen etwas darunter liegen. Dünnschichtzellen wie CdTe und CIGS erreichen typischerweise Wirkungsgrade zwischen 10% und 15%, wobei kontinuierlich Verbesserungen erzielt werden.

Einfluss von Dotierung und Bandlückenanpassung auf die Leistung

Durch gezielte Dotierung können die elektrischen Eigenschaften des Halbleiters optimiert werden. Eine Anpassung der Bandlücke ermöglicht es, das Spektrum des Sonnenlichts besser zu nutzen und somit den Wirkungsgrad zu steigern.

3. Funktionsweise und Leistungsparameter

Strom-Spannungs-Kennlinie einer Solarzelle

Die Strom-Spannungs-Kennlinie (I-U-Kennlinie) beschreibt das Verhalten der Solarzelle unter verschiedenen Belastungen. Sie zeigt den Zusammenhang zwischen der erzeugten Stromstärke und der anliegenden Spannung.

Abbildung 4: IU-Kennlinie und Leistungskennlinie einer Beispiel Solarzelle

Füllfaktor und maximale Leistung

Der Füllfaktor (FF) einer Solarzelle ist ein wichtiger Parameter zur Bewertung der Qualität und Effizienz einer Solarzelle. Er beschreibt das Verhältnis der maximalen elektrischen Leistung der Solarzelle zur theoretisch möglichen Leistung:

wobei:

  • PMPP​ die maximale Leistung am Maximum Power Point (MPP) ist,
  • VOC​ die Leerlaufspannung,
  • ISC​ der Kurzschlussstrom.

Der Füllfaktor gibt an, wie gut die Solarzelle ihre theoretisch mögliche Leistung nutzt. Ein höherer Füllfaktor bedeutet eine effizientere Solarzelle. Typische Werte für kommerzielle Silizium-Solarzellen liegen zwischen 0,7 und 0,85.

Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad η\etaη einer Solarzelle gibt an, welcher Anteil der eingestrahlten Sonnenenergie in elektrische Energie umgewandelt wird. Er wird als Verhältnis der maximalen elektrischen Leistung zur eingestrahlten Lichtleistung berechnet.

Formel für den Wirkungsgrad:

wobei:

  • PMPP=VMPP⋅IMPPP ​ die maximale elektrische Leistung am Maximum Power Point (MPP) ist,
  • PEin=EEinstrahlung⋅ A die eingestrahlte Sonnenleistung ist,
  • ESonne​ die Bestrahlungsstärke in W/m² (z. B. 1000 W/m² unter Standard-Testbedingungen, STC),
  • A die Fläche der Solarzelle in .

Einflussfaktoren auf den Wirkungsgrad (Temperatur, Verschattung, Reflexion)

Der Wirkungsgrad einer Solarzelle wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst:

  • Temperatur: Mit steigender Temperatur sinkt der Wirkungsgrad, da die Leitfähigkeit des Halbleiters zunimmt und somit die Spannung abnimmt.
  • Verschattung: Bereits kleine Schatten können den Stromfluss erheblich reduzieren, insbesondere bei in Reihe geschalteten Zellen.
  • Reflexion: Ohne geeignete Antireflexionsbeschichtungen wird ein Teil des einfallenden Lichts reflektiert und geht somit verloren.

Alterung und Degradation von Solarzellen

Solarzellen sind für eine lange Lebensdauer ausgelegt – oft über 25 bis 30 Jahre. Dennoch unterliegen sie im Laufe der Zeit einem natürlichen Leistungsverlust durch verschiedene Degradationsmechanismen, die durch Umwelteinflüsse wie UV-Strahlung, Feuchtigkeit und Temperaturwechsel verstärkt werden. Dieser Leistungsabfall wird als Degradation bezeichnet und kann in verschiedene Kategorien unterteilt werden.

1. LID (Light-Induced Degradation – lichtinduzierte Degradation)

  • Ursache: Tritt vor allem bei Silizium-Solarzellen auf, insbesondere bei bor-dotierten p-Typ-Wafern. Durch Sonnenlichteinwirkung entstehen Defekte in der Kristallstruktur, die den Wirkungsgrad verringern.
  • Typischer Leistungsverlust: 1 – 3 % in den ersten Betriebswochen.
  • Lösung: Verwendung von gallium-dotierten Siliziumwafern, die weniger anfällig für LID sind.

2. PID (Potential-Induced Degradation – potenzialinduzierte Degradation)

  • Ursache: Durch hohe Spannungsdifferenzen zwischen Modulrahmen und Zellen (typischerweise in großen PV-Anlagen) können sich Ladungsträger innerhalb der Module verschieben, was zu Leistungsverlusten führt.
  • Folgen: Verminderte Spannung und Stromfluss, oft ungleichmäßige Leistungsminderung innerhalb des Moduls.
  • Typischer Leistungsverlust: Bis zu 30 % Leistungseinbuße, wenn unbehandelt.
  • Lösung: PID-resistente Materialien, Einsatz spezieller PID-Schutzfolien.

3. UV-Degradation

  • Ursache: Langfristige Einwirkung von UV-Strahlung kann die Einkapselungsfolie (EVA) und die Kunststoffkomponenten der Module schädigen, wodurch die Transparenz der Folie abnimmt und die Lichtabsorption reduziert wird.
  • Folgen: Gelblich werdende Schutzschicht, geringere Lichtdurchlässigkeit und damit verringerter Stromfluss.
  • Lösung: Verwendung UV-beständiger Materialien in der Modulherstellung.

4. Thermische Degradation (Temperaturzyklen & Hot Spots)

  • Ursache: Extreme Temperaturwechsel zwischen Tag und Nacht sowie zwischen Sommer und Winter führen zu Materialausdehnung und -kontraktion, was zu Mikrorissen in den Zellen oder zur Delamination führen kann.
  • Hot Spots: Wenn einzelne Zellen durch lokale Defekte stärker erwärmt werden als der Rest, kann dies zu thermischen Schäden und dauerhafter Degradation führen.
  • Typischer Leistungsverlust: Langfristig 0,3 – 0,5 % pro Jahr.
  • Lösung: Verwendung hochwertiger Laminierungsmaterialien und verbesserte Zellkontaktierung.

5. Feuchtigkeitsbedingte Degradation (Korrosion & Delamination)

  • Ursache: Eindringen von Feuchtigkeit in das Modul kann zur Korrosion der Metallkontakte oder zur Delamination (Ablösen der Schutzschichten) führen. Besonders in feuchten oder maritimen Klimazonen ist dies ein großes Problem.
  • Folgen: Erhöhte elektrische Widerstände, Leistungsverlust durch unterbrochene Verbindungen.
  • Lösung: Einsatz hochdichter Versiegelungen und Laminierungen, regelmäßige Überprüfung auf Mikrorisse.

6. Mechanische Degradation (Mikrorisse & Glasbruch)

  • Ursache: Mechanische Belastungen durch Schneelasten, Hagel, starke Winde oder unsachgemäße Handhabung während des Transports oder der Montage können Mikrorisse in den Solarzellen verursachen.
  • Folgen: Leistungsminderung durch reduzierte elektrische Leitfähigkeit. Die Mikrorisse können sich mit der Zeit vergrößern und zu defekten Zellen führen.
  • Lösung: Verwendung robuster Modulgläser, elastischer Zellverbindungen und ordnungsgemäßer Montagevorrichtungen.

Arten von Solarzellen:

Monokristalline Silizium-Solarzellen: höchste Effizienz, dunkle Farbe, höhere Kosten

Polykristaline Silizium-Solarzellen: geringe Effizienz, bläuliche Farbe, günstiger

Dünnschicht-Solarzellen: Flexible, leicht, geringe Leistung