Photovoltaik-Systeme gelten als eine der zuverlässigsten Energieerzeugungstechnologien. Dennoch unterliegen sie Umwelteinflüssen, elektrischer Alterung und mechanischem Verschleiß, weshalb regelmäßige Wartung und Prüfungen erforderlich sind, um Effizienz und Sicherheit langfristig zu gewährleisten. Die Norm DIN EN IEC 62446-2 (VDE 0126-23-2) definiert detaillierte Anforderungen an Wartung, Prüfverfahren und Fehlerdiagnose für netzgekoppelte PV-Systeme. Dabei unterscheidet sie zwischen vorbeugender Wartung, sicherheits- und leistungsbezogenen Prüfungen sowie fehlerbehebenden Maßnahmen.
Die Dokumentation spielt eine zentrale Rolle in der Instandhaltung von PV-Anlagen. Alle durchgeführten Inspektionen, Messungen und Reparaturen müssen nachvollziehbar festgehalten werden, um eine lückenlose Überprüfung des Betriebszustands zu ermöglichen. Die Dokumentation umfasst allgemeine Systeminformationen, Schaltpläne, Wartungsprotokolle und Prüfberichte. Besonders wichtig sind die Angaben zur Systemleistung, da diese als Referenz für spätere Überprüfungen dienen. Basierend auf standardisierten Prüfmethoden wie der Leistungsbewertung nach IEC TS 61724-2 oder der Infrarot-Thermografie gemäß IEC TS 62446-3 können Leistungsverluste frühzeitig erkannt und gezielt behoben werden.
Die regelmäßige Überprüfung von PV-Anlagen umfasst visuelle Inspektionen, elektrische Messungen und systematische Fehlerdiagnosen. Standardisierte Prüfverfahren der Kategorie 1 decken grundlegende Sicherheits- und Funktionsprüfungen ab, während Kategorie 2 detaillierte Analysen wie Infrarot-Thermografie oder IV-Kennlinienmessung beinhaltet. Diese Diagnosen sind besonders bei unerwarteten Leistungseinbußen oder komplexen Systemfehlern notwendig. Zusätzlich kommen ergänzende Prüfverfahren zum Einsatz, etwa bei Verdacht auf Isolationsprobleme, Überspannungsschäden oder elektromagnetische Störungen.
Die Fehlerdiagnose ist ein zentraler Bestandteil der Wartung. Fehler können entweder gefährlicher Natur sein, was eine sofortige Abschaltung des Systems erfordert, oder sie betreffen lediglich die Leistungseffizienz und müssen im regulären Wartungsintervall behoben werden. Eine detaillierte Analyse beginnt meist mit einer Sichtprüfung, gefolgt von Messungen an Wechselrichtern, Steckverbindern und Modulen. Mögliche Ursachen für Leistungsprobleme sind Mikrorisse in den Solarzellen, defekte Bypass-Dioden oder Verschattungen durch Umweltveränderungen. Besonders sensible Bereiche sind Steckverbindungen, die durch Temperaturwechsel oder mechanische Belastungen mit der Zeit hohe Übergangswiderstände entwickeln können, was wiederum Hotspots verursacht.
Ein weiterer kritischer Bereich der Wartung ist die elektrische Sicherheit. Erdschlussprüfungen werden durchgeführt, um Isolationsprobleme zu identifizieren, während regelmäßige Sicherungsprüfungen vor Überlastungen schützen. Notabschaltungen müssen in Gefahrenfällen wie Bränden oder Überspannungsschäden unverzüglich erfolgen. Hierzu werden Lasttrennschalter und Schutzmechanismen regelmäßig inspiziert, um deren ordnungsgemäße Funktion sicherzustellen. Für langfristig stabile Betriebsbedingungen ist die vorbeugende Wartung entscheidend. Dazu gehört neben der regelmäßigen Reinigung der Module auch die Kontrolle von Verschattungsquellen, da sich diese durch wachsende Vegetation oder bauliche Veränderungen in der Umgebung im Laufe der Zeit ändern können.
Moderne PV-Anlagen nutzen zunehmend Ferndiagnosesysteme zur kontinuierlichen Überwachung von Systemparametern. Sensoren erfassen dabei die Ausgangsleistung, Strangspannungen und Ströme sowie Umgebungsbedingungen wie Bestrahlungsstärke und Temperatur. Diese Daten ermöglichen eine frühzeitige Erkennung von Leistungsschwankungen und Fehlerzuständen. Datenerfassungssysteme (DAS) spielen hierbei eine essenzielle Rolle, da sie nicht nur eine Analyse in Echtzeit erlauben, sondern auch Langzeitauswertungen ermöglichen, mit denen sich Abweichungen von der erwarteten Leistung nachvollziehen lassen.
Neben der Wartung der elektrischen Komponenten umfasst die Norm auch mechanische Prüfungen. Besonders bei Dachanlagen müssen die Montagesysteme regelmäßig überprüft werden, um sicherzustellen, dass keine lockeren Befestigungen oder Materialermüdungen auftreten. Freilandanlagen erfordern eine zusätzliche Kontrolle des Untergrunds, um Setzungen oder Veränderungen durch Umwelteinflüsse frühzeitig zu erkennen. Die korrekte Verlegung und Befestigung der Verkabelung ist ebenfalls ein entscheidender Faktor für eine sichere und langfristig stabile Betriebsweise.
Die Durchführung der Wartungsarbeiten erfordert qualifiziertes Fachpersonal, das mit den spezifischen Anforderungen der PV-Technologie vertraut ist. Besonders im Bereich der Wechselrichterwartung sind spezielle Kenntnisse erforderlich, da diese Komponenten nicht nur komplexe elektronische Systeme enthalten, sondern auch hochspannungsführende Teile, die eine besondere Sorgfalt bei der Handhabung erfordern. Herstellerangaben zu Wartungsintervallen und spezifische Diagnosetools sind hier besonders wichtig.
Zusätzlich zu den elektrischen und mechanischen Prüfungen definiert die Norm spezielle Sicherheitsverfahren. Die sichere Trennung des Systems von der Stromversorgung während der Wartungsarbeiten ist essenziell. Dies erfolgt entweder durch standardisierte Abschaltmechanismen oder durch ein Lockout-Tagout-System (LOTO), das sicherstellt, dass während der Wartungsarbeiten keine ungewollte Wiederinbetriebnahme erfolgt. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) wie isolierende Handschuhe, Schutzbrillen und Sicherheitskleidung sind bei bestimmten Arbeiten vorgeschrieben, insbesondere wenn unter Spannung stehende Komponenten überprüft oder Hochspannungsbereiche betreten werden.
Ein weiteres wichtiges Element der Wartung ist die Langzeitanalyse der Systemleistung. Während sich die meisten PV-Anlagen durch geringe jährliche Degradationsraten auszeichnen, können bestimmte Alterungseffekte, wie der PID-Effekt (Potential Induced Degradation), zu erheblichen Leistungseinbußen führen. Durch regelmäßige IV-Kennlinienmessungen und Vergleichswerte aus den ersten Betriebsjahren lassen sich solche Probleme frühzeitig erkennen und beheben.
Die steigende Komplexität moderner PV-Systeme erfordert eine fortlaufende Weiterentwicklung der Wartungsstrategien. Automatisierte Überwachungssysteme und KI-gestützte Fehleranalysen gewinnen zunehmend an Bedeutung, um Stillstandzeiten zu minimieren und die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen zu maximieren. Die in der DIN EN IEC 62446-2 festgelegten Verfahren bieten eine umfassende Grundlage, um den sicheren und effizienten Betrieb von PV-Anlagen über Jahrzehnte hinweg zu gewährleisten.
1️. Allgemeine Sichtprüfung
✅ PV-Module:
☐ Risse, Brüche oder Delaminationen?
☐ Verschmutzungen (Staub, Vogelkot, Laub)?
☐ Mikrorisse oder „Schneckenspuren“ sichtbar?
☐ Auffällige Verfärbungen oder Hotspots?
✅ Mechanische Komponenten:
☐ Befestigungssystem intakt und stabil?
☐ Keine lockeren oder beschädigten Halterungen?
☐ Keine strukturellen Veränderungen am Standort?
☐ Vegetation überprüft (keine Verschattung)?
✅ Verkabelung & Steckverbindungen:
☐ Kabel gut befestigt, keine Scheuerstellen oder Knicke?
☐ Keine Korrosion oder gelockerte Steckverbindungen?
☐ Kabelbinder intakt?
✅ Wechselrichter & Verteilerkästen:
☐ Gehäuse intakt und trocken?
☐ Keine Anzeichen von Überhitzung oder Brandspuren?
☐ Fehlercodes am Display überprüft?
✅ Sicherheits- und Schutzmaßnahmen:
☐ Not-Aus-Schalter funktionsfähig?
☐ Schutzbeschilderung vorhanden & lesbar?
☐ Zugang zu Schaltschränken gesichert?
2️. Elektrische Prüfungen
✅ Modul- und Strangprüfungen:
☐ Spannungs- und Strommessung (Vergleich mit Referenzwerten)?
☐ IV-Kennlinienmessung durchgeführt?
☐ Bypass-Dioden geprüft?
☐ Widerstandsmessungen der Verkabelung?
✅ Isolationsprüfungen:
☐ Isolationswiderstandsmessung nach IEC 62446-1 durchgeführt?
☐ Keine Hinweise auf Erdschluss?
✅ Sicherungs- und Schutzmaßnahmen:
☐ Sicherungen überprüft & ggf. ersetzt?
☐ Funktion von FI-/LS-Schaltern getestet?
✅ Wechselrichterprüfung:
☐ Wechselrichter-Funktion getestet?
☐ DC/AC-Werte mit Betriebsdaten abgeglichen?
☐ Lüfter & Kühlungssystem sauber und funktionsfähig?
3️. Thermografie- und Leistungstests (erweiterte Diagnose)
✅ Infrarot-Thermografie:
☐ Hotspots an Modulen oder Steckverbindern erkannt?
☐ Wechselrichter auf Überhitzung geprüft?
✅ Langzeit-Leistungsanalyse:
☐ Leistungsdaten der letzten Jahre verglichen?
☐ Abweichungen dokumentiert?
☐ Wetterdaten mit Produktionsergebnissen abgeglichen?
✅ Datenlogger & Fernüberwachung:
☐ Kommunikation mit Überwachungssystemen funktioniert?
☐ Datenkonsistenz geprüft?
☐ Alarmmeldungen überprüft?
4️. Wartungsmaßnahmen & Dokumentation
✅ Reinigungsarbeiten:
☐ Module von Schmutz & Ablagerungen befreit?
☐ Lüfter & Filter der Wechselrichter gereinigt?
☐ Kabelanschlüsse bei Bedarf nachgezogen?
✅ Austausch & Reparaturen:
☐ Defekte oder gealterte Komponenten ersetzt?
☐ Schäden an Kabeln oder Steckverbindern repariert?
☐ Korrosion an Gehäusen oder Kontakten entfernt?
✅ Dokumentation & Berichterstellung:
☐ Wartungsprotokoll ausgefüllt & archiviert?
☐ Auffälligkeiten & durchgeführte Maßnahmen dokumentiert?
☐ Prüfberichte gespeichert & mit vorherigen Inspektionen verglichen?
Dies ist eine selbst erstellte Zusammenfassung der Norm VDE 0126-23-2 und soll lediglich einen Überblick dieser wiedergeben. Für detailliere Informationen ist die Norm beim VDE erhältlich.