Wann sind Feuerwehrschalter verpflichtend, wann sind diese optional?
Die Diskussion um Feuerwehrschalter in Photovoltaikanlagen ist ein zentraler Punkt bei der Planung und Installation von Photovoltaikanlagen. Doch wie verbindlich ist ihre Installation? Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und technischen Regelwerke, um die Frage zu klären, ob Feuerwehrschalter eine gesetzliche Pflicht oder lediglich eine technische Empfehlung darstellen.
Die Hierarchie der Rechtsnormen
Um die Bedeutung von Feuerwehrschaltern zu beurteilen, ist ein Verständnis der Hierarchie der Rechtsnormen erforderlich:
- Gesetze: Diese stellen die oberste Ebene dar und sind verbindlich. Ihre Missachtung kann zu strafrechtlichen Konsequenzen wie Geldstrafen oder Freiheitsstrafen führen.
- Verordnungen: Sie konkretisieren Gesetze und sind ebenfalls verbindlich. Verstöße können ordnungsrechtliche Folgen wie Bußgelder oder Schadensersatzforderungen nach sich ziehen.
- Technische Normen und Regeln: Diese gelten als Stand der Technik. Ihre Einhaltung ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch haftungsrelevant. Im Falle eines Schadens muss nachgewiesen werden, dass mindestens nach dem Stand der Technik gehandelt wurde. Andernfalls drohen zivilrechtliche Ansprüche.
Die Nichtbeachtung von Normen und technischen Empfehlungen kann zudem dazu führen, dass Anlagen nicht versicherbar sind, wodurch das Risiko finanzieller Verluste steigt.
Feuerwehrschalter in Normen und Empfehlungen
Der Feuerwehrschalter wird weder in Gesetzen noch in Verordnungen ausdrücklich gefordert. Stattdessen ist er in technischen Regelwerken beschrieben:
- VDE-AR-E 2100-712: Diese Anwendungsregel empfiehlt Feuerwehrschalter als technische Maßnahme zur Vermeidung gefährlicher berührbarer Spannungen. Obwohl es sich nicht um eine DIN-Norm handelt, wird sie als Stand der Technik angesehen.
- VdS 3145 (2017-11): Dieses Publikation des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV e.V.) verweist auf die VDE-AR-E 2100-712 und auf deren Einhaltung.
Betrachtung der VDE-AR-E 2100-712
Die VDE-AR-E 2100-712 „Maßnahmen für den DC-Bereich einer Photovoltaikanlage zum Einhalten der elektrischen Sicherheit im Falle einer Brandbekämpfung oder einer technischen Hilfeleistung“ legt Mindestanforderungen zur Sicherstellung der elektrischen Sicherheit von PV-Anlagen bei Schadensfällen (z. B. Brand oder Gebäudeeinsturz) fest.
Das Hauptziel der Regelung besteht darin, gefährliche Berührungsspannungen zu vermeiden, um so den Schutz von Einsatzkräften, insbesondere der Feuerwehr, zu gewährleisten.
Die Vorschrift definiert drei zentrale Maßnahmen, die diesem Zweck dienen sollen:
- Kennzeichnung und Dokumentation der Photovoltaikanlage und der PV-DC-Leitungen.
- Bauliche und organisatorische Installationsmaßnahmen.
- Technische Installationsmaßnahmen.
Um die Sicherheit der Einsatzkräfte zu gewährleisten, sind die Kennzeichnung und Dokumentation verpflichtend. Der Planer, Anlagenerrichter oder Betreiber können sich jedoch verständigen, ob er zusätzlich die baulichen und organisatorischen Maßnahmen oder die technischen Installationsmaßnahmen umsetzen.
Um die baulichen und organisatorischen Maßnahmen zu erfüllen, können die PV-DC-Kabel in Abhängigkeit der örtlichen Gegebenheiten in brandgeschützten Bereichen verlegt werden. Sofern die jeweilige Landesbauordnung keine höhere Feuerwiderstandsklasse vorschreibt, genügt die Verlegung in F30-Bereichen, um die Anforderungen der VDE-AR-E 2100-712 zu erfüllen. Eine Unterputzverlegung der Kabel wäre entsprechend Beachtung der Feuerwiderstandsklasse regelkonform. Ebenso ist eine Verlegung auf Kabeltragsystemen innerhalb von Gebäuden zulässig, sofern diese so installiert sind, dass sie für Personen ohne Hilfsmittel nicht berührbar sind. Zudem ist ein ungeschützter Bereich von 1 Meter rund um den Wechselrichter erlaubt.
Als alternative, ebenfalls regelkonforme Lösung kann die Verlegung der PV-DC-Leitungen außerhalb des Gebäudes erfolgen.
Sollten Planer, Anlagenerrichter und Betreiber zum Schluss kommen, dass eine technische Installationsmaßnahme die Sicherheit für Einsatzkräfte gewährleisten sollte, so kann nach der VDE AR-E 2100-712 folgende Maßnahmen getroffen werden:
- Kurzschließen der Anlage: Diese Maßnahme ist technisch aufwendig und daher in der Praxis selten realisierbar.
- Spannungsreduktion: Gefahren lassen sich durch eine Spannungsminderung unter 120 VDC wirksam reduzieren. Diese Option ist insbesondere bei kleinen Anlagen, wie etwa Balkonkraftwerken, leicht umsetzbar bzw. vorhanden. Bei größeren Anlagen mit String-Spannungen im Bereich von 500 bis 1500 V ist dies jedoch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Eine Lösung zur Spannungsreduzierung in größeren Photovoltaikanlagen stellt die Nutzung einer sogenannten „Rapid Shutdown“-Einrichtung (Schnellabschaltungseinrichtung) dar.
- Trennen der PV-Anlage (Feuerwehrschalter): Diese Maßnahme ist die praktikabelste Wahl, um den Anforderungen der VDE-AR-E 2100-712 gerecht zu werden.
Einordnung der Normen in die Rechtsnormen-Hierarchie
Die VDE-AR-E 2100-712 ist eine technische Regel, deren Einhaltung zwar nicht gesetzlich verpflichtend, jedoch haftungsrelevant ist. Da sie als Stand der Technik gilt, kann die Missachtung dieser Regel insbesondere im Schadensfall zu zivilrechtlichen Konsequenzen führen.
Zusammenfassung
Die Installation eines Feuerwehrschalters dient der Vermeidung gefährlicher Spannungen im Schadensfall. Feuerwehrschalter sind jedoch keine gesetzliche Pflicht, sondern stellen eine von mehreren in der VDE-AR-E 2100-712 beschriebenen Maßnahmen dar. Unter den möglichen technischen Maßnahmen gilt der Feuerwehrschalter aber als eine der praktikabelsten Lösungen zur Erfüllung der Anforderungen dieser Regel.
Obwohl technische Regeln rechtlich nicht bindend sind, besitzen sie haftungsrechtliche Relevanz. Verantwortliche sollten daher sorgfältig prüfen und je nach den spezifischen Gegebenheiten entscheiden, ob eine bauliche Maßnahme oder eine technische Maßnahme wie die Installation eines Feuerwehrschalters geeigneter ist, um die Anforderungen der VDE-AR-E 2100-712 zu erfüllen und rechtliche sowie finanzielle Risiken zu minimieren.